Darth Maul, Obi Wan Kenobi und Qui Gon Ginn kämpfen. Dieses Duell, bekannt als Duell der Schicksale, fand in Star Wars: Episode I Die dunkle Bedrohung statt.
Dieses Duell, bekannt als Duel of the Fates, fand in Star Wars: Episode I Die dunkle Bedrohung statt. (Bild © Disney/Lucasfilm)

25 Jahre Star Wars-Prequels

Du unterschätzt ihre Macht!

"Schwer zu sehen. In ständiger Bewegung die Zukunft ist." Wo Yoda recht hat, hat er recht. Und ob ein Film in das kollektive Popkultur-Bewusstsein aufgenommen wird (und welchen Ruf er dort genießt), lässt sich nicht vorherbestimmen. Oder "nachbestimmen", schließlich ändert sich die Wahrnehmung eines Films fortlaufend. Denk nur mal an The Big Lebowski. Blade Runner. Fight Club. Scott Pilgrim vs. the World. Alles hochverehrte Klassiker – die damals kaum jemanden gejuckt oder groß Geld eingespielt haben. Doch die vielleicht größte Neubewertung dieser Art ist der wohl wichtigsten Popkultur-Marke vorbehalten: Star Wars. Genauer: Der Prequel-Trilogie.

Was wurde nicht alles über die Prequels geschrieben. Je nachdem, wen man fragt, waren Episode I bis III eine Lachnummer, Kinderkram, objektiv schlecht, ein politischer Irrweg, eine Quelle für Memes oder eine Mischung aus all dem. Doch heute, 25 Jahre nach dem Kinostart von Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung, hat sich das Bild ins Gegenteil verkehrt. Die Prequels werden nicht nur halbwegs positiv besprochen, sie werden innig geliebt. Woran liegt das? Was haben die Disney-Sequels damit zu tun? Welche Rolle spielt die rosarote Rückblickbrille? Und wäre das alles ohne Memes möglich gewesen? Finden wir es heraus!

Joda

Selbst Yoda hätte zu seiner besten Zeit nicht ahnen können, wie sich der Ruf der Prequel-Trilogie verändern würde. (Bild © Disney/Lucasfilm)

Des Alleinherrschers Gesamtnarrativ

Einer der Hauptkritikpunkte von damals war, dass George Lucas die Prequels gemacht hat. Klingt komisch, ergibt aus der damaligen Sich aber Sinn, denn: Zu dem Zeitpunkt war Lucas unanfechtbar. Eine lebende Legende. Er hat verdammt nochmal Star Wars erfunden. Mit seiner Firma Industrial Light & Magic die Spezialeffektbranche umgekrempelt. Zweimal! Sich mit seinem sagenumwobenen Merchandise-Deal fast absolute Freiheit erkauft. Und nebenbei eine zweite Popkultur-Trilogie maßgeblich mitgeprägt, namentlich Indiana Jones. Und ebendieser George Lucas saß rund 15 Jahre nach Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter da und konnte im Prinzip machen, was er wollte. Geld war kein Problem und wer würde es wagen, dieser Legende in irgendeiner Entscheidung zu widersprechen?

Viele Kritiker waren allerdings, vielleicht zu recht, der Meinung, dass mehr Stimmen, mehr Verantwortliche dem Projekt gut getan hätten. Und doch ist genau diese Narrenfreiheit der vielleicht wichtigste Grund dafür, warum die Prequels heute positiver besprochen werden. Schließlich ist der gemeinhin akzeptierte größte Makel an Disneys Sequel-Trilogie die Abwesenheit eines großen Plans. Ja, J.J. Abrams hat mit Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht einen tollen Start hingelegt, auch wenn er sich vielleicht ein wenig zu sehr an Episode IV klammerte. Doch Star Wars: Episode VIII – Die letzten Jedi machte alles anders (die Diskussion führen wir hier nicht), bevor Abrams das Ruder für Episode IX abermals hart in die entgegengesetzte Richtung lenkte. Ein ständiges Hin und Her, das den Filmen wahrlich nicht geholfen hat.

Die Prequels sind das genaue Gegenteil. Ob man sie hasst oder liebt, sie bilden eine Einheit. Wurden von vorne bis hinten durchdacht, bevor sie gedreht wurden. Und sie haben das Star Wars-Universum vortrefflich erweitert (minus die Sache mit den Midi-Chlorianern). Uns die Zeit vor dem Imperium näher gebracht. Und den Werdegang eines der besten Filmschurken aller Zeiten nachgezeichnet. Lies: Hier passt das Gesamtnarrativ zusammen. Zumal, wo wir schon beim Kanon sind, auch die Prequels selbst fantastisch ausgebaut wurden, insbesondere durch die gelungene Animationsserie The Clone Wars.

Rat der Jedi

Im Jedi-Rat wird demokratisch entschieden. Bei der Produktion von Episode I bis III hingegen hatte George Lucas mehr oder weniger allein das Sagen. (Bild © Disney/Lucasfilm)

So viel Gutes …

Apropos gelungen: Die Prequels haben viel mehr zu bieten als man ihnen, zumindest damals, zugestehen wollte. Wobei wir vor allem an Episode I: Die dunkle Bedrohung denken. Für uns fühlt sich Episode I am ehesten nach klassischem Star Wars an. Unter anderem, weil George Lucas hier noch mehr auf praktische Effekte und Modelle setzte, zumindest im Vergleich zu Episode II und III. In der ersten Kinoversion wurde Yoda sogar noch von Frank Oz gespielt (und leider später durch CGI ersetzt)! Außerdem ist Die dunkle Bedrohung der einzige Film, der uns die Hochzeit der Jedi in ihrer ganzen Pracht zeigt. Kein anderer Star Wars-Film durfte so farbenfroh sein, vor allem nicht die beiden Folgefilme.

Nicht zu vergessen die beiden Set Pieces, auf die wir uns alle einigen können: Das immer noch spektakuläre Podrennen sowie das epische Duell of the Fates zwischen Qui-Gon Jinn, Obi-Wan Kenobi und dem Schurken mit dem besten Make-up, Darth Maul. Inklusive einem John Williams in Bestform und der legendären Enthüllung der Doppelklinge. Waren die Lichtschwertkämpfe in der Originaltrilogie vor allem ein emotionales Duell, brachte uns Die dunkle Bedrohung perfekt durchchoreografierte Action, wie wir sie noch nie gesehen hatten!

Vor allem aber liegt den Prequels eine grandiose Idee zugrunde: die klassische Heldenreise. Ja klar, kennen wir aus tausend Geschichten. Been there, done that. Nur dass die Heldenreise hier zur Schurkenreise wird. Die uns zeigt, wie der gutmütige, obwohl in Gefangenschaft aufgewachsene, Anakin zum größten Monster der Galaxis wird. An dieser Stelle ein Wort zu den angeblich so schlechten Schauspielleistungen. Denn auch wenn die Dialoge nicht gerade oscarreif sind, die Schauspieler sind es durchaus! Zumindest Ewan McGregor als Obi-Wan und Ian McDiarmid als Sheev Palpatine waren absolut brillant! Dito Liam Neeson, den wir gerne länger als Qui-Gon gesehen hätte. Und dass George Lucas es geschafft hat, Samuel L. Jackson vernünftig in sein Universum zu integrieren, grenzt an eine Meisterleistung!

Ein weiterer dicker Pluspunkt für uns: Die Prequels setzen, im Gegensatz zu den Disneyfilmen, kaum auf Nostalgie. Klar, schließlich haben die Ereignisse der klassischen Trilogie noch nicht stattgefunden. Daher beschränkte sich Lucas im Wesentlichen auf sechs Dinge, um die alten Fans abzuholen: Anakin, Obi-Wan, Palpatine, R2-D2, C-3PO und Tatooine. Vergleich das mal bitte mit den tausend "Na? Na? Haste gesehen? Haste verstanden? Coole Anspielung an deine Kindheit, oder?"-Callbacks der Sequel-Trilogie.

Star Wars Episode II - Attack of the Clones

Die Prequels brachten uns endlich die Zeit vor dem Imperium nahe, von der wir bislang nur vage Andeutungen von Obi-Wan und Co. bekommen hatten. (Bild © Disney/Lucasfilm)

… und nicht so viel Schlechtes!

All das soll nicht heißen, dass die Prequels perfekt sind. Die Filme haben zu recht viel Kritik einstecken müssen. Allerdings sind nicht alle Kritikpunkte von damals gerechtfertigt, was sogar für den Gungan im Raum gilt: Jar Jar Binks. Zugegeben, die Figur braucht es nicht wirklich. Zumindest nicht in dieser Ausprägung. Wir wollen den Machern aber zugutehalten, dass sie auf die Fans reagiert und Jar Jars Screen Time ordentlich reduziert haben. Von gungantischen 17 Minuten im ersten Film auf etwas mehr als zwei Minuten in Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger und fast schon wimpernschlagkurze 15 Sekunden in Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith. Und sollte man eine gesamte Filmtrilogie wirklich wegen kombinierten 20 Minuten einer Nebenfigur verurteilen? Und wenn ja, warum tun wir das nicht bei den Ewoks der Originaltrilogie?

Ob die Filme zu politisch sind, muss jeder für sich entscheiden. Wir geben gerne zu, dass sich der Opening Crawl zu Episode I keinen Gefallen getan hat: "Die galaktische Republik wird von Unruhen erschüttert. Die Besteuerung der Handelsrouten zu weit entfernten Sternen-Systemen ist der Auslöser." Gähn! Allerdings führten die politischen Probleme erst zur Entdeckung Anakins. Und die, gerade im Vergleich zu Episode II und III, eher kleinen politischen Konflikte hatten, Schmetterlingseffekt, gravierende Auswirkungen. Denn ohne die vom damaligen Senator Palpatine inszenierte Schlacht von Naboo wäre dieser nie Kanzler und später Imperator geworden.

Dass die Prequels keine erinnerungswürdigen Schurken hervorgebracht hätten, lassen wir in Teilen gelten. Count Dooku und Darth Maul sind inhärent spannende Figuren, wurden aber erst durch The Clone Wars wirklich ausgebaut. Einen General Grievous, Nute Gunray oder Jango Fett hingegen braucht es so wenig wie – das tut uns jetzt arg leid – die klassische Trilogie Boba Fett brauchte. Oder die Sequel-Trilogie Captain Phasma, General Hux und die Knights of Ren. Aber wurscht, die Prequels drehen sich eh primär um Anakin Skywalker. Und an keiner Stelle irrten sich die Kritiker mehr.

Wurde damals gern behauptet, Anakin sei ein weinerlicher Trottel, muss man heute anerkennen: Die Darstellung von Hayden Christensen war genau das, was sie sein sollte. Nämlich die eines echten Skywalkers! Der ja nach unserer Erfahrung ein mächtiger Mann ist, der aber gleichzeitig über die Maßen selbstmitleidig, empfindlich und arrogant sein kann. Denk an Luke zurück, der sich im ersten Drittel auf Tatooine nur beschwert, wie unfair das Leben sei. Der sich für einen besseren Piloten als Han Solo hält, obwohl er den gerade erst kennengelernt hat. Der denkt, die wichtigste militärische Aktion der Rebellen gegen das Imperium ließe sich mit dem Abschießen von Womp-Ratten vergleichen. Der Han über die Macht belehrt, von der er erst Stunden zuvor erfahren hat. Ja, das ist verkürzt dargestellt, trotzdem passt all das auch zu Anakin, der meint, Obi-Wan sei ihm unterlegen. Hielte ihn gar zurück! Der sich auf Count Dooku stürzt, obwohl ihm sein Meister davon abrät. Der es für eine Unverschämtheit hält, dass er nicht den Rang eines Meisters erhält, obwohl er gerade zum jüngsten Mitglied des Jedi-Rates ernannt wurde.

Anakin Skywalker beziehungsweise Darth Vader ist einer der besten, komplexesten Charaktere der Filmgeschichte. Vom Sklaven über den Lehrling, den Jedi, den Ehemann, den Vater, den Sith, die Maschine, das Monster bis zum Helden sehen wir seine gesamte Entwicklung. Und erst die Prequels geben dem Charakter den Kontext, den er und wir brauchen.

Padme und Anikin

Zu Unrecht stark kritisiert: Hayden Christensens Darstellung von Anakin Skywalker. Für die Dialoge konnte er ja nichts … (Bild © Lucasfilm)

Die Fans

Dass sich die Rezeption der Prequels so stark gedreht hat, liegt vor allem an den Fans. Es ist nur logisch, dass Fans der Originaltrilogie andere Erwartungen an die Prequels hatten als die Generation von Fans, die mit Episode I ihren ersten Star Wars-Kontakt hatten. Und damals oft zu jung waren, um ihre Meinung zu äußern. Doch die jungen Fans, die mit den Prequels aufwuchsen, sind längst erwachsen. Und sie lieben die Filme genauso wie die Fans der klassischen Trilogie ihre Filme lieben. Am besten fasste es vielleicht Ewan McGregor zusammen: "Ich glaube, die Kritiker wollten einfach wieder sieben oder acht Jahre alt sein und das haben sie nicht bekommen."

Nicht zu vergessen die eingangs erwähnten Memes. Ohne sie wäre es vielleicht gar nicht zur großen Umdeutung der Prequels gekommen! Denn die Filme, so campy sie manchmal sein mögen, sind voller Momente, die jeder sofort im Kopf hat, wenn wir nur ihr Meme erwähnen: "Hello there!" "Do it!" "I have the high ground." "I don’t like sand." Um nur ein paar Beispiele zu nennen. Kein Wunder, dass die teils unfreiwillig komischen Momente in der Meme-Kultur verewigt wurden – und die Prequels dadurch präservierten. Am Leben und damit relevant hielten. Das gepaart mit nostalgischen Gefühlen an die eigene Kindheit trägt seinen Teil dazu bei, dass wir heute so positiv an die Prequels zurückdenken. Und die vielen Fans, auch die 3 Millionen Mitglieder im Subreddit PrequelMemes, sorgten letztlich dafür, dass Ewan McGregor und Hayden Christensen sogar für die Obi-Wan Kenobi-Serie zurückkehrten.

Hayden Christensen & Ewan McGregor

Nachdem die Fangemeinde ihre Meinung über die Prequels fast kollektiv ins Gegenteil verkehrt hatten, waren Ewan McGregor und Hayden Christensen bereit zur Rückkehr in die weit, weit entfernte Galaxis. (Bild © Disney/Lucasfilm)

Gilt das auch für die Sequels?

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele Fans der klassischen Trilogie ihre Meinung über die Prequels änderten, weil sie von der Sequel-Trilogie enttäuscht wurden. Ja, die Prequels waren anders als die alten Star Wars-Filme. Aber zumindest kohärent. Bei Episode VII bis IX war es jetzt aber kein Kritikpunkt mehr, dass George Lucas zu viel entscheiden durfte. Jetzt war es ein Kritikpunkt, dass George Lucas gar nicht involviert war!

Was uns zur Frage bringt, ob der vieldiskutierten Sequel-Trilogie eine ähnliche Umdeutung zuteil werden könnte wie bei den Prequels? Wir denken nicht. Was auch an der Ausgangslage liegt. Zwischen Episode VI und Episode I liegen schließlich satte 16 Jahre. 16 Jahre, in denen Star Wars fast tot war. Was man sich heute kaum noch vorstellen kann, wo Star Wars ein Medienimperium mit ähnlicher Vormachtstellung wie das Galaktische Imperium ist.

Wenn Fans also an die 2000er und Star Wars zurückdenken, dann gab es eben nur die Prequels. (Ja, wir lieben Jedi Knight und Erben des Imperiums auch.) Deswegen erinnern sie sich an die Prequels. Wenn die Leute aber in zehn Jahren an heute zurückdenken, dann gibt es neben der Sequel-Trilogie noch Spin-offs wie Rogue One: A Star Wars Story, gefeierte Games der Marke Star Wars Jedi: Fallen Order, immer mehr Live-Action-Serien wie Ahsoka und Co., Comics ohne Ende und haste nicht gesehen. Wenn die Leute also in zehn Jahren an die heutige Zeit denken, dann werden sie nicht Das Erwachen der Macht im Kopf haben, sondern vermutlich The Mandalorian.

The Mandalorian

Das moderne Star Wars-Aushängeschild ist weder Das Erwachen der Macht noch Die letzten Jedi oder gar Der Aufstieg Skywalkers. Es ist The Mandalorian. (Bild © Lucasfilm)

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