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Archiv | 11.02.2016

Die Herrinnen der Ringe: Frauenpower in Mittelerde

Die Geschichten von J.R.R. Tolkien bieten unendlich viel Raum für Diskussionen. Besonders gerne wird die Rolle der Frauen debattiert, da die Damen in den meisten seiner Erzählungen schlicht keine entscheidende Rolle spielen. So gesehen verwundert es nicht, dass Peter Jackson in seinen Verfilmungen Der Herr der Ringe und Der Hobbit die weiblichen Figuren etwas ausbauen oder gar welche dazu erfinden musste. Zwar gibt es auch hier keine einzige Szene, in der eine Frau mit einer anderen spricht. Trotzdem zählen Arwen und Co zu den stärksten Persönlichkeiten der beiden Mittelerde-Trilogien! Grund genug, sich die Heldinnen genauer anzusehen.

Arwen: Die liebende Schönheit

Arwen ist die Personifizierung von Schönheit und Liebe. Zwar liefern Tolkiens Buchvorlagen nicht allzu viele Informationen über die Halbelbin, ein paar können wir hier aber festhalten: Als Tochter von Elrond und Celebrian ist sie nicht nur eine Elbenfürstin von Bruchtal sondern auch die Enkelin von Galadriel (der Mutter von Celebrian). Unter Arwens Vorfahren befindet sich aber auch der Mensch Beren vom Hause Beor, was aus ihr eine Halbelbin macht. Das ist auch der Grund, warum sie zwischen einem Leben als Elbin oder sterblicher Mensch wählen kann. So oder so ist sie eine Tochter aus gutem Hause – und bekannt für ihre strahlende Schönheit, weshalb sie auch Undómiel genannt wird, ein elbisches Wort für Abendstern. Der entscheidende Wesenszug ist aber ihre Liebe zu Aragorn, bekanntlich ein Mensch. Um ihr Leben an seiner Seite verbringen zu können, opfert sie gar ihre Unsterblichkeit. Der Roman Der Herr der Ringe deutet diese Liebesgeschichte nur vage an, indem Frodo ein Gespräch zwischen Arwen und Aragorn beobachtet und sich über ihr gutes Verhältnis wundert. Später wird noch erwähnt, dass die Halbelbin Aragorn ein Banner zukommen ließ, das er in der Schlacht auf dem Pelennor ausrollt. Dass die beiden am Ende der Geschichte heiraten, fällt dementsprechend fast überraschend aus.

Ganz anders verhält es sich in Peter Jacksons Verfilmung, in der Arwen deutlich ausgebaut wurde. Sie ist nicht mehr nur die schöne Dame im Hintergrund, die den Helden zu seiner Stärke motiviert. Die von Liv Tyler gespielte Arwen ist selbst eine starke Frau! Frodo beispielsweise wird nicht wie in der Buchvorlage von Glorfindel vor den Nazgûl gerettet, sondern von Arwen. In ihrer ersten Szene zieht die Halbelbin alle Kampfregister, die ihr zur Verfügung stehen, von magischen Elbensprüchen bis hin zu ihrem Schwert {"Hadhafang"|ArticleUrlOrNot:E1000459:"":true}. Trotzdem ist es nicht ihre körperliche Kraft, die im Vordergrund steht, sondern ihre starke Persönlichkeit. Aus Liebe zu Aragorn entscheidet sich Arwen bewusst für ein sterbliches Leben. Selbst ihrem Vater Elrond, den sie liebt und respektiert, gelingt es nicht, sie von ihrem Entschluss abzubringen. Die Tatsache, dass sie in der Handlung die meiste Zeit von Aragorn getrennt ist, betont nur, dass sie ihre Entscheidung ohne Einfluss von außen getroffen hat. Arwen weiß genau, was sie will. Und holt es sich. Perfekt symbolisiert wird ihr Wesen durch ihre Kette mit dem Namen Abendstern. Diese besticht durch ihren funkelnden Glanz und wird Aragorn als Symbol ihrer Liebe überreicht. Arwen steht somit für Schönheit und für eine Liebe, die so stark ist, dass sie sämtliche Grenzen überwindet.

Galadriel: Die allwissende Herrscherin

Wie ihre Enkelin ist auch Galadriel eine starke elbische Frau, allerdings ist ihre Rolle ganz anders konzipiert. Zwar wird auch ihre Schönheit durch ihren Namen betont, der so viel wie “Jungfrau gekrönt mit schimmerndem Haar” bedeutet. Ebenso empfindet auch sie eine tiefe Liebe für ihren Ehemann Celeborn. Im Vordergrund steht aber vor allem ihre Machtstellung. Gerade im dritten Zeitalter (also zur Zeit der Gefährten) gilt Galadriel als die mächtigste Elbin von Arda, dem Planeten, auf dem Mittelerde liegt. Das hat zwei Gründe: Einerseits trägt sie den einflussreichen Ring {"Nenya"|ArticleUrlOrNot:E1000804:"":true}, andererseits war sie sowohl an der Gründung des ersten Noldor-Reichs in Eregion als auch an der des weißen Rates beteiligt. Vergessen sollte man auch nicht, dass sie die Herrin von Lothlorien ist.

Peter Jackson unterstreicht ihre vorherrschende Position vor allem dadurch, dass die von Cate Blanchett gespielte Galadriel nicht nur in allen drei Herr der Ringe- Filmen, sondern auch in allen drei Hobbit-Filmen zu sehen ist. Diese Präsenz trifft sonst nur auf Gandalf zu! Bei ihm ist das aber mehr eine logische Konsequenz, da er auch in allen Büchern in Erscheinung tritt. Galadriel hingegen wurde im Roman Der Hobbit nicht einmal erwähnt! Wie wichtig ihre Rolle ist, wird den Zuschauern schon zu Beginn von Der Herr der Ringe – Die Gefährten klargemacht, da sie das Intro vorträgt und ganz offensichtlich über sämtliche Vorkommnisse Bescheid weiß. Zusätzlich wird ihre Gabe in den Mittelpunkt gerückt, anderen in die Herzen sehen und somit ihre geheimsten Absichten erkennen zu können. In den Ringkampf greift Galadriel sogar aktiv ein. Zum einem unterstützt sie die Gefährten mit ihren Vorhersagen und Geschenken. Außerdem rettet sie Frodo durch ihre Zauberkraft, indem sie ihm mit einer Vision wieder auf die Beine hilft. In Die Schlacht der fünf Heere rettet sie sogar den großen Gandalf! Wir haben es also mit einer weiblichen Figur zu tun, die so mächtig ist, dass sie anderen durch unterschiedlichste Mittel und Wege unter die Arme greifen kann. Hiermit wird vordergründig eine Position etabliert, die sich durch Wissen, Weisheit und Herrschaft auszeichnet. Fazit: Politisch gesehen kann Galadriel niemand das Wasser reichen.

Eowyn: Heldin der Prophezeiung

Neben den elbischen Frauen liefert das Mittelerde-Epos auch ein herausragendes menschliches Beispiel des schönen Geschlechts: Eowyn. Als König Theodens Nichte ist sie eine Schildmaid Rohans und kann ausgezeichnet reiten und kämpfen. Während ihr Bruder Eomer als Marschall der Riddermark durch das Land zieht, wird es ihr jedoch stets untersagt, an Kämpfen teilzunehmen – für Eowyn ein bitteres Los. Statt andere Frauen und Kinder zu beschützen, kann sie nur vom traditionell männlichen Ziel träumen, heldenhaft in den Kampf zu ziehen. Jacksons Filme unterscheiden sich in dieser Darstellung nur geringfügig: In der Verfilmung macht sich die von Miranda Otto gespielte Eowyn auf den Weg nach Helms Klamm, um gegen ihren Willen hinter den sicheren Mauern zu sitzen. Als ihr verboten wird, Gondor vor den Armeen Mordors zu verteidigen, verkleidet sie sich als Mann und reitet mit dem restlichen Heer in den Kampf. Ihre Entwicklung zur wahren Heldin erreicht ihren Höhepunkt, als sie den Hexenkönig von Angmar tötet. Und damit perfekt der Prophezeiung entspricht, dass der Nazgûl-Fürst durch keines lebenden Mannes Hand fallen könne. Die Tatsache, dass ihr etwas gelingt, was keinem Mann gelungen wäre, rundet ihre Position als starke und besondere Frau ab. Eowyn personifiziert kämpferischen Mut und die Kraft, aus einer vorgeschriebenen Rolle auszubrechen.

Spannend an der Figur ist nicht nur die klassische Entwicklung zur Heldin, denn Eowyn entwickelt sich auch zur Frau, die Liebe erfährt. Während sich Eowyns Sehnsucht zu Beginn der Handlung auf Aragorn richtet, lernt sie am Ende Faramir lieben und gewinnt ihn zum Ehemann. Die anfängliche, einseitige Verliebtheit kann mit mädchenhafter Heldenverehrung gleichgesetzt werden und bleibt lediglich Wunschdenken, da Aragorns Herz nur für Arwen schlägt. Mit der Entfaltung zur Heldin entstehen bei Eowyn Liebesgefühle für einen Mann, der sie erwidern kann. Bisweilen wird an manchen Ecken kritisiert, wie schnell sich Eowyn und Faramir ineinander verlieben. Tolkien lieferte allerdings die Erklärung, dass nach seiner Erfahrung Gefühle und Entscheidungen in Zeiten großer Belastung sehr schnell reifen, besonders in der Erwartung des bevorstehenden Todes. Immerhin hat Eowyn gesundheitlich noch eine Weile mit dem Schwarzen Atem des Nazgûl-Fürsten zu kämpfen. Entscheidend bleibt jedoch: Eowyn gibt ihre Träume nicht auf. Und diese Stärke wird belohnt.

Tauriel: Einmal alles, bitte

Die rothaarige Elbin Tauriel ist eine besonders spannende Figur in Jacksons Mittelerde-Filmen, schließlich handelt es sich um eine reine Erfindung des Regisseurs. Tolkiens Roman Der Hobbit verzichtet auf jegliche weibliche Figuren. Wie könnte also das Wesen einer Frau aussehen, die auf keiner Romanvorlage beruht und gleichzeitig mit den anderen Mittelerde-Damen mithalten muss? Wir hatten bereits die begehrenswerte Schönheit, die für ihre große Liebe kämpft. Die mächtige Anführerin. Und die große Kämpferin, die sich aktiv an Schlachten beteiligt. Was Tauriel angeht, wirkt es ein wenig, als hätte Jackson sich gedacht: Warum nicht ein bisschen was von allem?

Bei der von Evangeline Lilly dargestellten Tauriel handelt es sich um eine Waldelbin aus dem Düsterwald. So viel sagt übrigens schon ihr Name, denn Tauriel bedeutet so viel wie “Tochter des Waldes”. Wenn die Elbin das erste Mal in Erscheinung tritt, ist sie kein kleines Licht in Thranduils Armee, sondern bereits die Anführerin der Palast- und Grenzwachen. Diesbezüglich beherrscht sie ihre Messer im Kampf perfekt und genießt den Respekt ihrer Untergebenen – auch Thranduils Sohn Legolas ist angetan von der Dame. Ihre erste konkrete Aktion im Film Der Hobbit – Smaugs Einöde ist die Rettung von Zwerg Kili vor den Riesenspinnen. Wir haben es also mit einer Frau zu tun, die kämpfen und anführen kann. Fehlt nur noch der Aspekt Liebe, was sich aber schnell ändert. Denn Tauriel und Kili erkennen sich ungeachtet der üblichen Antipathie ihrer Völker als verwandte Seelen wieder. Dementsprechend geht Tauriel deutlich sanfter mit dem Zwerg um, nachdem sie ihn das zweite Mal gerettet hat.

Trotz ihrer scheinbaren Perfektion durchlebt Tauriel eine Entwicklung. Es handelt sich um die Entfaltung ihrer Gefühlswelt. Nachdem Kili der Elbin den Vorschlag unterbreitet, ihn auf seinem Abenteuer zu begleiten, zögert sie noch und bleibt zunächst bei Legolas. Doch der Tod des Zwergs am Ende offenbart ihre tiefe Liebe, die sogar von Legolas und dem gefühlskalten Thranduil anerkannt wird. Letztendlich erfüllt Tauriel das, was von einer modernen Frau gerne erwartet wird: Die perfekte Mischung aus einer emanzipierten Kämpferin und einer doch gefühlsstarken Romantikerin.

Zusammenfassend gibt es in den Mittelerde-Filmen zwar nicht gerade viele Frauen, doch sie alle zeichnen sich durch eine besondere Stärke aus. Ihre Persönlichkeiten sind maßgeblich entscheidend für den Verlauf der Handlung. Und mal ehrlich: Mittelerde wäre um einiges langweiliger ohne die vier Schönheiten.

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