Archiv | 26.02.2016
Meinung: Liebe Serien, Star Wars ist nicht nur Männersache!
Star Wars gehört zum Allgemeinwissen. So ist sich jeder im Klaren darüber, dass Jedi-Ritter und Lichtschwerter zusammengehören, Darth Vader das Böse verkörpert und wie Prinzessin Leias Frisur auszusehen hat. Es gibt heutzutage kaum noch Serien und Filme, die das Kulturgut Star Wars nicht adaptieren, parodieren oder zumindest erwähnen. Wer tatsächlich keine Ahnung vom klassischen Krieg der Sterne hat, dem entgehen eine ganze Reihe an Witzen und Anspielungen. Das Komische an der Sache ist nur: Warum sind fiktive Star Wars-Fans immer männlich?
Ich frage mich das schon seit Jahren. Als Star Wars-Fan und Serienjunkie zugleich stolpere ich in unterschiedlichsten Genres immer wieder auf Anspielungen zur weit, weit entfernten Galaxis, die von jemandem angebetet wird. Nur dass der Fan in der jeweiligen Folge jedes Mal zum anderen Geschlecht gehört. Zu diesem Geschlecht, das nicht meines ist. Dabei kenne ich viele Frauen, die total verrückt nach Star Wars sind. Aber sie sind real, nicht erfunden. Doch aus irgendeinem Grund scheint es keinen Raum für die Kombination “fiktive Frau” und “Star Wars-Fan” zu geben. Zumindest wenn man sich so ungefähr jede einzelne Serie näher ansieht.
Star Wars-Begeisterte findet man wirklich an jeder Ecke.
Die beiläufigen Star Wars-Fanboys
Anspielungen zur Galaxie von Georg Lucas sind in der Serienwelt so verbreitet, dass man sie kaum zählen kann. Häufig werden diese Anspielungen aber nur als Witz zwischendurch präsentiert und spielen keine größere Rolle für die Handlung. So entsteht beispielsweise in Breaking Bad ein kurzes Gespräch über die Verantwortung von Darth Vader. Drogendealer Jesse Pinkman denkt darüber nach, warum man in der Gesellschaft ein Geächteter sein sollte, wenn man dann immer noch Verpflichtungen nachgehen müsse. Woraufhin ihn sein Kumpel Badger auf Darth Vaders Zuständigkeit für den Todesstern hinweist. Im Gegenteil dazu vergleicht sich Titelfigur Richard Castle aus der Krimiserie Castle gerne mit den guten Figuren aus dem Star Wars-Universum. In verschiedenen Folgen stellt er sich mit einem Jedi, Prinzessin Leia oder Obi-Wan Kenobi auf eine Stufe. In der Doctor Who-Serie von 1989 geben Ace und ein Freund einem gemeinsamen Bekannten den Namen “Darth Vader der hirntote Klempner”. Auch James Sawyer aus Lost verteilt gerne Spitznamen und Anspielungen, die sich auf Star Wars beziehen. So tauft er beispielsweise Schiffsbauer Michael in Han um, dessen asiatischer Assistent, der kaum Englisch spricht, erhält konsequenterweise den Spitznamen Chewie. Und der übergewichtige Hurley wird – man ahnt es bereits – als Jabba bezeichnet.
Patrick Jane aus Mentalist hat nicht nur Einblick in die Gemüter seiner Mitmenschen sondern kann auch mitreden, wenn es um Star Wars geht. So erwähnt er in einer Folge, dass Darth Vader Lukes Vater ist, während er sich an anderer Stelle über einen Wachmann lustig macht, indem er Obi-Wan zitiert: “Das sind nicht die Droiden, die ihr sucht.” Im Büro-Klamauk The Office imitiert Michael Yoda, Dwight hingegen verkleidet sich an Halloween als Sith-Lord und bezeichnet sich selbst als den ewigen Padawan. In einer anderen Szene weist er Jims Bestechungsversuch mit einem gratis Bier ab, da Han Solo Luke Skywalker auch nicht vor den TIE-Fightern für ein Bier gerettet habe. Weitere Fans in Sitcoms sind Walden aus Two and a Half Men, der nicht nur ein Poster von Mos Eisley sondern auch etliche Sammlerfiguren wie R2-D2 oder einen Clonetrooper besitzt. Ross aus Friends bringt seine Freundin Rachel dazu, sich das Sklavenkostüm von Prinzessin Leia anzuziehen. Abed aus Community schlüpft für eine Paintball-Schlacht in die Rolle von Han Solo. Turk aus Scrubs, der in Billy Dee Williams nur Lando Calrissian sieht, während sein Freund J.D. von imaginären Lichtschwertduellen zwischen seinen Kollegen träumt.
Es ist quasi ein ungeschriebenes Gesetz: Star Wars ist in Serien Männersache. Und dennoch muss man gestehen, dass die bisherigen Beispiele eher harmloser Natur sind, ja eventuell sogar zufällig sein können. Was die nächsten Serienbeispiele angeht, habe ich jedoch ein ganz mieses Gefühl …
Männer sind Fans, Frauen nicht
Die Jungs aus Big Bang Theory sind bekannt dafür, Fans von allen möglichen Videospielen und Filmen zu sein. Es existiert praktisch keine Folge, in der sie ihr Fandom nicht auf irgendeine Art und Weise ausleben, und natürlich gehört auch das Epos Star Wars dazu. Warum aber heißt das automatisch, dass die weibliche Protagonistin davon ausgeschlossen wird? Wäre es anders, würde Leonard wohl kaum sein Darth Vader-Shampoo vor seiner hübschen Nachbarin Penny verstecken. Überhaupt sind sämtliche Fan-Artikel wie Lichtschwerter, Stimmenverzerrer von Darth Vader oder ein Millenium Falke mit echten Soundeffekten von Lichtgeschwindigkeit ausschließlich Eigentum der Männer. Penny kann mit der weit, weit entfernten Galaxis sogar so wenig anfangen, dass sie Sheldon bei einem Ratespiel fragt: “Bist du Star Wars?” Dies erweckt den Anschein, dass sie nicht einmal weiß, dass es sich bei Star Wars um eine Film-Reihe handelt statt um eine einzelne Figur. Wahrscheinlicher ist, dass es sie schlicht und ergreifend nicht interessiert und sie sich folglich nicht einmal die Mühe machen möchte, ihre Frage korrekt auszuformulieren. Das Ergebnis ist dasselbe: Penny hat kein Interesse an Star Wars. Zwar kann sie im späteren Verlauf der Sitcom sogar korrekt aus den Filmen zitieren, dies bleibt jedoch nur ein Zeichen ihrer Liebe zu Leonard. Während sich die Jungs irgendwann auf die Premiere von Star Wars: Das Erwachen der Macht freuen, weist Penny Sheldon lediglich darauf hin, dass seine Freundin Amy an diesem Tag Geburtstag hat. Die Prioritäten haben sich nicht verschoben, weiterhin sind es die Männer, die auf Star Wars stehen. Von den Frauen wird das nur bis zu einem gewissen Grad toleriert. Denn auch die etwas außergewöhnlicheren Ladies Amy und Bernadette, die erst in den späteren Staffeln zur Hauptcrew dazu stoßen, zeigen kein Interesse an Science-Fiction.
Als noch eindringlicheres Beispiel erweist sich die Serie How I Met Your Mother. Die männlichen Protagonisten werden nicht allesamt auf Nerds reduziert, sie sind im Gegenteil ziemlich unterschiedlich. Eins haben sie jedoch gemeinsam: Ihre Liebe zu Star Wars. Während der romantische Ted sich die Filme zu jeder Gelegenheit ansieht und der treue Marshall die Brüste seiner Frau als “Luke und Leia” bezeichnet, hat Playboy Barney sogar einen lebensgroßen Stormtrooper in seinem Apartment. Im Gegensatz dazu gibt es keine wirklich wichtige Frau in dieser Serie, die auch nur im Ansatz Interesse an Star Wars zeigt. Wenn Ted seine Verlobte Stella dazu zwingt, die klassische Trilogie anzusehen, konzentriert diese sich lieber auf andere Dinge und gesteht Marshall im Nachhinein, dass sie Teds Lieblingsfilme nicht ausstehen kann. Zu den schlimmsten Streitgefechten von Barney und Robin gehört die Tatsache, dass sie die Stormtrooper als uncool erachtet. Barneys spätere Freundin Nora hasst hingegen Ewoks. Und Marshalls Frau Lily hält Stormtrooper gar für Roboter. Gerade die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Männer und Frauen in How I Met Your Mother unterstreicht ihre Gemeinsamkeit: Star Wars wird von den Männern geliebt. Und von den Frauen gehasst. Gibt es überhaupt eine fiktive Serienheldin, die mit den galaktischen Legenden was anfangen kann?
Frauen und Star Wars – Ein guter Witz!
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet in der Krankenhausromanze Grey's Anatomy eine Frau von sich behaupten darf, Star Wars-Expertin zu sein. Nachdem sich ein Patient mit Han Solo im Carbonit vergleicht, hält Doktor Miranda Bailey diesem einen Vortrag darüber, dass Solo vielmehr für etliche Heldentaten bekannt ist, wobei sie sich nicht scheut, zahlreiche Beispiele zu nennen. Ihr umfassendes Wissen löst großes Erstaunen unter ihren Kollegen aus. Tatsächlich legt es die ganze Szene darauf an, humorvoll zu sein. Dass ausgerechnet eine Frau so viel Ahnung von der Männerdomäne Star Wars hat, soll den witzigen Part durch diese Überraschung unterstreichen. Also nur ein weiteres Anzeichen dafür, dass weibliches Interesse an Science-Fiction-Blockbustern scheinbar nicht der Normalität entspricht.
Wie verhält es sich dann mit Film-Freak Liz Lemon aus der Serie 30 Rock? Die ulkige Chefautorin redet nicht nur gerne über Star Wars, sie verkleidet sich auch zu mehreren Anlässen als Prinzessin Leia. Auch hier haben wir einen ähnlichen Fall wie in Grey's Anatomy, denn die Figur von Liz wurde keineswegs als gesellschaftlich angepasst konzipiert. Meistens fällt sie durch ein besonders peinliches oder zumindest nicht gerade feminines Verhalten auf. Auch sie garantiert uns damit nur, dass eine Frau, die auf Star Wars steht, nicht zur Norm gehört und diesbezüglich nur mit Humor betrachtet werden kann.
Scheinbar gibt es überhaupt keine Serie, die uns ein ernst gemeintes Star Wars-Fangirl liefert. Jedenfalls habe ich noch keine gesehen. Natürlich beeinträchtigt das nicht meine Lust, mir weiterhin Serien anzusehen. Aber ein kleiner Teil in mir hofft weiterhin auf den Tag, an dem auch Drehbuchautoren erkennen, dass das Geschlecht keine Rolle spielt, wenn es um die Liebe zu Star Wars geht. Und wenn wir schon dabei sind: Das gilt auch für alle anderen der sogenannten Nerd-Themen!