Mittelalter
Das Mittelalter war grausam und düster? Von wegen! Diese faszinierende Epoche der Menschheitsgeschichte war laut und bunt! Voller Mysterien und Gefahren sowie großen kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen.
Das Mittelalter: Eine dunkle Epoche?
Der Begriff Mittelalter beschwört fast schon romantische Bilder von Rittern, Burgen und Schwertern herauf. Von festlichen Spielen und Turnieren, ehrenhaften Männern und all den anderen Dingen, die wir aus mal mehr, mal weniger verklärten (aber stets unterhaltsamen) Filmen wie The Last Duel, Der Name der Rose, Braveheart, Robin Hood: König der Diebe, Königreich der Himmel und wie sie alle heißen kennen. Gleichzeitig ruft das Wort Mittelalter aber auch diese Bilder auf den Plan: Krieg. Krankheit. Unterdrückung. Ereignisse wie die Kreuzzüge, der Hundertjährige Krieg oder die Verbreitung der Pest. Die rhetorische Frage, was denn nun stimmt, müssen wir nicht stellen. Die Wahrheit liegt, mal wieder, in der Mitte.
Übrig bleibt aber meist ein eher negatives Bild, das, bei aller Romantik, auch in den genannten Filmen gezeigt wird. Aber: Das Mittelalter ist eine enorm lange Epoche, die rund 1.000 Jahre umspannt – das eine Mittelalter gibt es also schon mal nicht. Der Begriff selbst ist schwierig, da er von humanistischen Gelehrten im 15. und 16. Jahrhundert geprägt wurde, um sich von dieser, aus ihrer Sicht, ach so dunklen Epoche abzugrenzen.
Das Mittelalter hat aber auch viele wegweisende Entwicklungen vorangebracht! Handel und Handwerk erlebten einen großen Aufstieg, der im Hochmittelalter einen krassen wirtschaftlichen Aufschwung nach sich zog. In dieser Zeit blühten Städte regelrecht auf, immer mehr Menschen strömten vom Land in die Stadt. Der Markt wurde zum zentralen Anlaufpunkt, Gasthäuser gegründet, Gebäude erhöht. Sogar die ersten Universitäten entstanden, darunter die Universität Bologna, die als älteste Universität Europas gilt.
Wo wir bei Bildung sind, hier setzt dann auch langsam der Übergang zur Renaissance ein: Gerade im Spätmittelalter lernten mehr und mehr Menschen das Lesen und Schreiben, was auch andere Formen der Literatur hervorbrachte. Es gab nicht mehr nur geistliche und philosophische Themen, sondern auch Abenteuergeschichten. Und das nicht nur auf Lateinisch, sondern auch in der Landessprache. Wichtig dafür sind auch Erfindungen wie der Buchdruck, der häufig der von Erfindungen und Entdeckungen geprägten Epoche der Renaissance zugeschrieben wird, zeitlich aber eher zum Spätmittelalter zählt.
Soll heißen: Jeder hat so seine Vorstellungen vom Mittelalter. Und irgendwie stimmen die auch. Aber eben nur irgendwie. Wie so oft im Leben ist alles komplizierter. Fakt ist: Wir haben nicht im Mittelalter gelebt, können das Leben also – das gilt für die meisten Themen der Geschichte – nicht objektiv beurteilen. Dazu kommt, dass wenige Dokumente aus dieser Zeit existieren, die wirklich über das Alltagsleben berichten. Viel wurde nach Beginn der Neuzeit hinzugedichtet, meist von den erwähnten Gelehrten, die sich aktiv von dieser Zeit abgrenzen wollten. Dabei ist es nur logisch, dass es deren geliebte Renaissance ohne das Mittelalter nicht gäbe.
Auch wenn der langen Epoche des Mittelalters viel Negatives anhaftet, so ist es doch weniger als gemeinhin angenommen wird. Die Menschen glaubten nicht, die Erde sei eine Scheibe. Die Inquisition war keine Weltdiktatur. Die Hexenverfolgung begann vielleicht im Spätmittelalter, hatte ihren Höhepunkt aber im 16. und 17. Jahrhundert. Die Liste der populären Irrtümer lässt sich lange fortsetzen. Und so war das Mittelalter weder die dunkelste Epoche der Menschheit noch eine romantische Heldengeschichte. Sondern schlicht das: Ein interessanter wie abwechslungsreicher Abschnitt unserer Geschichte, der zu umfangreich ist, um ihn mit simplen Annahmen zu beschreiben.